16 So geht es auch ( 12.12.2011 )
Die andauerne Finanzkrise deckt die Schwächen und Risiken des üblichen Wirtschaftsdenkens auf, Menschen suchen nach Alternativen. Die Firma Wala zeigt, wie es auch gehen kann und hat damit - auch unter dem Diktat der Globalisierung - Erfolg. Mit ‚Naturkosmetik Dr. Hauschka’ hat Wala den internationalen Markt erobert. Dahinter steht ein schwäbisches Unternehmen, das ungewöhnliche Ziele verfolgt: nicht der schnelle Profit, sondern zufriedene Mitarbeiter und Kunden - und das Wohl der Gesellschaft. Ein Beispiel, über das sich ein Nachdenken lohnt?
(nach einem Artikel von Daniela Schröder in Spiegel online)
Drei Tage pro Jahr packen die Chefs mit an. Sie stehen dann in der Produktion, an den Abfüllmaschinen, im Versand. Oder sie knien im firmeneigenen Heilpflanzengarten, ernten Blütenblätter, zupfen Unkraut oder graben Kompost unter die Beete. Abends schmerzen Rücken und Knie. Trotzdem ist der Einsatz selbstverständlich bei Wala. Denn die Führungsriege will wissen, was die Kollegen tagtäglich leisten, damit der Laden läuft.
Der Laden um den es geht, besteht unter anderem aus einem idyllischen Garten am Rande der Schwäbischen Alb. Hier in Eckwälden, im Kreis Göppingen, liegt die Keimzelle der Wala Heilmittel GmbH. Mit den Pflanzen, die hier angebaut werden, stellt das kleine Unternehmen seit fast 80 Jahren homöopathische Arzneipräparate her. Vor allem aber seine Naturkosmetik, die den großen, sogar weltweiten Durchbruch gebracht hat. Der kleine Laden steckt hinter den Cremes und Salben, auf die angeblich selbst Hollywood-Stars wie Julia Roberts und Brad Pitt schwören: Dr. Hauschka.
Die Kosmetik wird seit mehr als 50 Jahren nach den Leitsätzen der anthroposophischen Medizin entwickelt, die Essenzen für die Kosmetika werden in Handarbeit hergestellt. Zudem scheint das Geschäftsmodell viele Kunden anzusprechen: Menschen in aller Welt, die genervt sind vom absoluten Gewinnmaximierungsdenken, von verantwortungslosem Wirtschaften, die auf Nachhaltigkeit Wert legen.
Die anhaltende Finanzkrise hat die Schwächen und Risiken des heute üblichen Wirtschaftsdenkens aufgedeckt. Plötzlich ist ethisches Wirtschaften gefragt, der Begriff "Corporate Social Responsibility" wird nicht länger nur in Expertenzirkeln diskutiert, sondern auch in den Chefetagen der Konzerne.
Für Firmen wie Wala bedeutet das Verantwortungsbewusstsein für Mensch und Gesellschaft keine neue Strategie - es macht ihren Gen-Code aus. Im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns stehen hier seit jeher Kunden und Mitarbeiter. "Nicht die Menschen sind für die Wirtschaft da", sagt Geschäftsführer Johannes Stellmann, "sondern die Wirtschaft muss den Menschen dienen."
Mit dieser Philosophie zählt sein Unternehmen in der auf Gewinn fixierten Wirtschaftswelt zu den Ausnahmen. Von naivem Gutmenschentum aber ist der Wala-Chef weit entfernt. "Wir lieben Gewinn", versichert Stellmann, ein ehemaliger Konzern-Manager und Absolvent der Wirtschaftsuniversität St. Gallen. "Gewinn ist für uns Zukunftsfähigkeit, Entwicklungsfähigkeit und Freiheit, wir sind da sehr konservativ." Die entscheidende Frage sei aber, wo der Gewinn hinfließe, so Stellmann. Kommt er Kunden und Mitarbeitern zugute? "Oder geht er an Menschen, die den Gewinn gar nicht erwirtschaftet haben?" ...
Auch in der Eigentumsfrage tickt Wala anders als andere Unternehmen. Bereits 1986 entschieden sich die damaligen Gesellschafter, auf Profite zu verzichten und den Betrieb in eine Stiftung umzuwandeln. Von persönlichen Interessen losgelöst sollte das Unternehmen frei und unabhängig wirtschaften können. Dank der besonderen Rechtsform müssen die heutigen Geschäftsführer weder Eigentümerinteressen bedienen, noch Aktionäre zufrieden stellen, noch Verkauf oder Übernahme fürchten.
Vom Stiftungsmodell profitieren auch die gut 800 Mitarbeiter: alle erhalten gleich berechnete Boni und eine Betriebsrente, individuelle Leistungsprämien gibt es nicht. Genauso wenig wie abgehobene Spitzengehälter. Maximal das Zehnfache des niedrigsten Gehalts lässt sich bei Wala verdienen, doch so viel bekommt laut Stellmann niemand.
Weil die Mitarbeiter in erster Linie für die Sache arbeiten sollen und nicht fürs Geld, überweist das Unternehmen 80 Prozent des Gehalts bereits am Monatsanfang. Außerdem bietet es Müttern und Vätern flexible Arbeitszeiten, übernimmt einen Teil der Kindergarten- und Schulgebühren, zahlt Tickets für den öffentlichen Nahverkehr. Die sozialen Extras sind für die Geringverdiener gedacht, mit steigendem Gehalt nehmen die Zuschüsse ab. ...
In den vergangenen zehn Jahren verbuchte der Hersteller eine durchschnittliche Wachstumsrate von fast 15 Prozent. Seit 2000 hat sich der Umsatz mehr als verdoppelt, 2010 lag er bei knapp 101 Millionen Euro. Drei Viertel des Umsatzes erwirtschaftet die Sparte Naturkosmetik, sie ist der Goldesel des Unternehmens. ‚Dr. Hauschka’ gilt als Muss-ich-haben-Marke, geführt von noblen Warenhäusern oder in Spas der Top-Hotellerie zu finden. Den Imagewandel verdankt die Kosmetiklinie der neuen Massenbewegung, die sich beim Konsum an Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein orientiert. "Wir sind nicht auf einen Trend aufgesprungen", sagt Stellmann, "der Trend erreichte die Wala."