1 Ökolebensmittel (22.03.2001)
Seitdem die BSE-Krise die Landwirtschaft in den Grundfesten erzittern lässt, so dass selbst der Vorsitzende des Bauernverbandes davon gesprochen hat, dies sei kein Betriebsunfall sondern eine Zeitenwende, seitdem die Verbraucher völlig verunsichert sind, was sie noch sicher kaufen können, blickt die Öffentlichkeit mehr in Richtung Ökohof. Manche Ökobauern erwarten innerhalb der nächsten Monate, dass sich die Nachfrage nach ihren Produkten verzehnfacht. Zu der Frage der Mehrkosten hier ein Auszug aus einer Studie des Freiburger Öko-Instituts aus dem Jahre 1999.
Was hält den Verbraucher jetzt noch von Ökolebensmitteln fern? Eine Umfrage hat ergeben, dass 70 Prozent der Deutschen Interesse gegenüber Lebensmitteln aus ökologischem Anbau zeigen. Immerhin 40 Prozent bezeichnen diese Lebensmittel als geschmackvoller. Aber einer Kaufentscheidung stehen oftmals noch die höheren Preise im Weg. Dennoch hat insgesamt die Bereitschaft zugenommen, für ökologisch erzeugtes Obst und Gemüse etwas mehr auszugeben. Verbraucherorganisationen geben als akzeptable Preisdifferenz zwischen konventionellem Produkt und ökologisch erzeugter Alternative 20 bis 30 Prozent an. Und der Kauf von Ökolebensmitteln ist keineswegs so teuer, wie häufig angenommen wird. Für eine vierköpfige Familie mit mittlerem Einkommen belaufen sich die Mehrkosten durchschnittlich auf 80 Mark im Monat, wenn sie die wichtigsten Grundnahrungsmittel im Bioladen bzw. in ökologischer Qualität kaufen. Diesen Wert hat das Öko-Institut ermittelt: Das Modell bezog Milch, Butter, Eier, Kartoffeln, Weizenmehl, Reis, Teigwaren und Brot mit ein aber auch Kaffee und Bananen. Werden zugleich etwa 30 Prozent weniger Fleisch, Fleischwaren, Süßigkeiten, Zucker und Marmelade gegessen, so die weitere Rechnung, seien die Gesamtausgaben sogar fast gleich hoch.
Den nicht allzu hohen Mehrkosten auf privater Seite stehen immerhin auch verminderte Umweltbelastungen gegenüber. Sollte die neue Bundesministerin für Verbraucherschutz Renate Künast ihr angekündigtes Ziel tatsächlich durchsetzen, nämlich die ökologische Anbaufläche von derzeit 2,5 Prozent auf 10 Prozent bis 2005 zu erhöhen, ließen sich synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel in größerem Umfang einsparen. Das Öko-Institut errechnete 143 Tonnen Stickstoff, knapp 32 Tonnen Phosphat und mehr als 50 Tonnen Kali, die den Böden erspart blieben. Für Pestizide konnte das Institut keine exakten Angaben machen, da Daten darüber fehlten, wieviel der so genannten Pflanzenschutzmittel die Landwirte auf ihre Felder tatsächlich ausbringen. Käme genau die Menge zum Einsatz, die verkauft wird, beläuft sich das 10-Prozent-Ökofläche-Szenario auf maximal 2.256 Tonnen Pestizideinsparung.
Lebensmittel ohne Bedenken zu verzehren, ist ein Vertrauensbeweis. Wer jetzt sein Konsumverhalten ändert, wenigstens zum Teil ökologisch isst, also regional und saisonal bei qualifizierten Bio-Bäckern, Öko-Metzgern und Erzeugergemeinschaften kauft, gewinnt ein Höchstmaß an Sicherheit und entlastet die Umwelt. Denn schlussendlich ist es der Verbraucher, der an der Ladentheke darüber entscheidet, ob eine Wende in der Agrarpolitik möglich ist.